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Die große Pillenlüge

Mit ihrem Beitrag „60 Jahre Pille – Happy No Birthday!“ hat Carolin Kebekus in „Die Carolin Kebekus Show“ mal wieder einen Volltreffer gelandet. Sie erzählt von den heftigen Nebenwirkungen der Pille, von der Absurdität, dass die Pille für den Mann immer noch nicht auf dem Markt ist, und von der großen Lüge der Pillenpause. „Ich habe 15 Jahre die Pille genommen und die ganze Zeit umsonst geblutet?! (…) Das sind umgerechnet ungefähr neun Liter Blut! Umsonst! Zwei komplette verfickte Menschen hab ich ausgeblutet!“ Same here. Wahrscheinlich geht es den meisten Frauen in meinem Alter so. Okay, wir wurden verarscht. Was für ein Scheiß.

Carolin Kebekus regt sich in ihrem Beitrag auch darüber auf, dass es zwar vielversprechende hormonelle Alternativen für den Mann gäbe, diese allerdings nie konsequent in Studien getestet wurden. Die Männer klagten über Nebenwirkungen. (Ach was.) Die Studien wurden deshalb abgebrochen. (Hä?)

„Männer haben nicht unbedingt Interesse daran, Hormone einzunehmen“, zitiert Carolin Kebekus den Wissenschaftler Christian Leiber, Androloge am Uniklinikum Freiburg. Genau, und wir Frauen finden’s richtig toll. Carolin Kebekus fasst es gut zusammen: „Es geht hier nicht um Interesse. (…) Diese Hormone sind ein manchmal notwendiges Übel, auf das die Frauen auch keinen Bock haben.“

Wahre Worte. Liebe Pharmaindustrie, ja, dieses ganze Gerede von der Gleichberechtigung gilt auch für die Verhütung.
Danke, Carolin, für diesen Beitrag, der hoffentlich viele Frauen aufrüttelt.

2012 – mein "Erwachen"

Seit einigen Jahren beobachte ich bereits eine kritischere Haltung gegenüber der Pille, zumindest in meiner Bubble. Bei mir ging es 2012 los. Durch Zufall stieß ich auf „Risiko Pille – die Initiative Thrombose Geschädigter“. Ich war geschockt, empört, recherchierte und sprach mit einer der Initiatorinnen. Ich nahm zu dem Zeitpunkt eine der kritischen Drospirenon-Pillen, die YAZ. Während der Recherche wurde es immer schwieriger, die kleine Tablette morgens runterzukriegen. Aufgrund dieser und ähnlicher Pillen schwebten Frauen in Lebensgefahr oder sind sogar gestorben, junge Frauen, sportliche Nichtraucherinnen. Teilweise müssen sie ihr Leben lang Medikamente nehmen, um zu überleben. Und werden niemals Kinder kriegen können. Mein Artikel über die Geschichte von Kathrin Weigele und die Gefahren der Pille erschien in der Brigitte 7/13. Damals fand er kaum Beachtung.

Hormonfrei leben als neuer Lifestyle-Trend

Doch nach und nach wurden die Gefahren der Pille präsenter. Verschiedene Blogger und Influencer berichteten davon, dass sie hormonfrei leben möchten, erzählten von ihren Erfahrungen nach dem Absetzen der Pille. Eine Freundin von mir beschrieb ihre eigenen Erlebnisse so: „Es war, als wäre ich seit Jahren mit einem Grauschleier durch die Welt gelaufen. Nachdem die Hormone aus meinem Körper raus waren, war dieser Schleier weg.“

Immer mehr Freundinnen von mir entschieden sich dafür, die Pille abzusetzen. Entgiftung, Detox, gesund leben – die tägliche Hormondröhnung passte nicht mehr in den neuen, gesunden Lifestyle unserer Zeit. Den eigenen Körper besser kennenlernen, natürlicher leben, darum ging es vielen. Es war weniger die potenzielle Thrombose-Gefahr als vielmehr der Trend zur Entgiftung, der viele Frauen in ein hormonfreies Leben trieb.

Pille absetzen – meine Erfahrungen

Ich selbst hatte während der Einnahme der Pille immer wieder einen auffälligen Abstrich. Zellveränderungen. Ich saß in Dysplasie-Sprechstunden, quälte mich durch schmerzhafte Untersuchungen und versuchte den Gedanken zu verdrängen, dass es um das Thema Gebärmutterhalskrebs geht. Doch siehe da: Nach dem Absetzen der Pille war der Abstrich unauffällig, mein Körper regenerierte sich selbst. Zudem wurden migräneähnliche Kopfschmerzen rund um die Periode herum schwächer und waren gut auszuhalten.

Zugegeben: Mein erster Versuch des Absetzens scheiterte an meinem Selbstbewusstsein. Ich hatte als Teenager mit Akne zu kämpfen – das „Schöne-Haut-Versprechen“ der Pille kam mir gerade recht. Als ich dann nach dem Absetzen der Pille mit Mitte 20 einen Akne-Rückfall erlitt, ging es mir psychisch so schlecht, dass ich wieder begonnen habe, die Hormone zu schlucken. Prompt war mein Abstrich wieder auffällig. Offenbar gab es tatsächlich einen Zusammenhang. Ich wies mich selbst zurecht. Scheiß drauf, dann hab‘ ich eben Pickel. Lieber das, als Gebärmutterhalskrebs, Thrombosen oder Embolien. Und ja, irgendwann hat sich meine Haut reguliert. Vor allem nach meiner Schwangerschaft war ich nahezu pickelfrei. Und bin es geblieben. Wir sollten unserem Körper vertrauen. Der kann viel mehr, als wir denken.

Übrigens: Die Schwangerschaft war keine „Nebenwirkung“ des Absetzens der Pille, sondern eine bewusste Entscheidung. Nicht, dass wir uns falsch verstehen.

Es geht auch ohne Hormone!

Good News: Nicht jede*r muss  Hormone zu sich nehmen, um ungewollte Kinder zu vermeiden. Denn JA! Es gibt sie! Hormonfreie Verhütungsmethoden! Crazy! Frauenärzt*innen klären leider nach wie vor viel zu wenig darüber auf. HIER beispielsweise werden verschiedene Methoden wie NFP, Kupferspirale, Goldspirale, Kupferkette, Kondom und Diaphragma gut erklärt. Mit Vor- und Nachteilen.

Und: Wer dennoch lieber Hormone schlucken will oder aus verschiedenen Gründen muss, sollte sich gut informieren, welche Pille geeignet ist. Es gibt durchaus weniger risikoreiche Präparate. Und ey, macht keine Pillenpause. Spart euch das Blut.

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