· 

Coole Frauen: Judith Möhlenhof, Bloggerin, Redakteurin, Podcasterin

Es gibt diese typischen Mami-Blogger, bei denen alles perfekt ist. Ein Haus wie aus dem Möbelkatalog, ein pintereskes Kinderzimmer, Beach Waves in den Haaren, fleckenfreie Bluse und glückliche, brave Kinder an der Hand. Auf der anderen Seite gibt es die Mütter, die sich extrem für Gleichberechtigung und Feminismus einsetzen, die betonen, dass Kinder kein Karriere-Aus bedeuten, dass das 50/50-Modell wirklich klappen kann und anprangern, was politisch verbessert werden müsste.

Die Sache mit der Authentizität

Man selbst steht als Mutter oft da und schafft weder das eine noch das andere. Man fühlt sich wenig vorbildhaft und ziemlich unperfekt, hat keine braven Kinder, keine frischen Blumen, in der Küche klebt der Boden und das 50/50-Modell klappt auch nicht.

Dann kommt Judith und sagt: „Das ist okay. Ist bei mir auch so.“ Man fühlt sich bei Judith verstanden, geerdet und spürt: Ich bin nicht allein, andere kriegen es auch nicht besser hin. Mann, tut das gut!

Judith ist Mama von zwei Söhnen und erzählt auf Instagram und auf ihrem Blog judetta.de vom Alltag. Manchmal postet sie ihre aufgeräumte Küche, manchmal zeigt sie das unendliche Chaos im Kinderzimmer. Manchmal erzählt sie davon, wie unfassbar sie ihre Kinder liebt, an anderen Tagen von ihrer Überforderung und der Zerrissenheit. Sie ist mal müde und verwuschelt, mal geschminkt und gestylt. Es ist nie alles perfekt oder alles Mist. Und genau deshalb gehört Judith für mich in diese Rubrik der coolen Frauen. Sie schafft es, als Mama-Bloggerin authentisch zu sein. Mit Auf und Ab, mit Freud und Leid. Sie steht zu ihren Schwächen und spricht darüber, dass man vieles besser weiß, aber trotzdem nicht besser macht. Sie ist nie belehrend oder stellt sich über andere. Und das ist in der Social Media Welt eine Seltenheit. Ich habe sie gefragt, ob sie bewusst auf diese Balance wert legt. „Nee“, hat sie geantwortet. „Darauf achte ich nicht. Das ergibt sich von selbst. Alles begann damit, dass mein zweiter Sohn ein Schreibaby war. Ich habe die anderen Mama-Accounts gesehen und dachte: Ey, wieso fällt denen das so leicht? Wieso scheint denen – mit Verlaub – immer nur die Sonne aus dem Arsch? Bei mir war es mit meinem Baby zwar auch schön, aber oft einfach nur laut und anstrengend. Eines Tages kam ich aus dem Kinderzimmer, hab geheult und dachte mir: Ich zeig jetzt mal ehrlich, wie es wirklich ist. Und darauf hab‘ ich ein mega Feedback bekommen.“

Bei dieser Ehrlichkeit ist Judith geblieben. Zum Glück!

"Pitchphasen und Kitaeingewöhnung – das passte nicht zusammen"

Für Judith war eigentlich schon die erste Schwangerschaft ein Wendepunkt. Bis dahin war sie viele Jahre in einer Agentur angestellt. „Ich bin da wirklich aufgegangen, habe gern von 8 bis 22 Uhr im Büro gesessen und den Job geliebt. Doch irgendwann stand ich kurz vor dem Burnout. Als ich eine Weile krankgeschrieben war, wurde ich schwanger und bekam früh ein Beschäftigungsverbot. Zusammen mit der Elternzeit war ich dann lange zuhause, konnte mir Gedanken machen und wusste: Eigentlich kann ich in der Agentur nicht weitermachen.“

Als Sicherheits-Mensch ging sie trotzdem zurück. Nach der zweiten Elternzeit war dann endgültig Schluss. „Ich konnte das Agenturleben nicht mit dem Leben als Mutter vereinbaren. Arbeitsintensive Pitchphasen und Kita-Eingewöhnung – das passte für mich nicht zusammen.“

Judith suchte sich übergangsweise einen Job in einem Bekleidungsgeschäft, Hauptsache in der Nähe, Hauptsache mit den Kindern vereinbar. Und dann ging es los. Schon lange hatte Judith getwittert, wurde für Lesungen angefragt und schrieb ihren Blog. Dann kam das Mummy Mag auf sie zu, buchte sie als freie Autorin, alles hat sich fast von selbst ergeben und Judith konnte vom Schreiben leben. Inzwischen arbeitet sie als Bloggerin, Autorin und Redakteurin. Ein mutiger Schritt, der belohnt wurde.

Gemeinsam aus dem Mamsterrad

Seit letztem Jahr gibt es zudem den Podcast „Gemeinsam aus dem Mamsterrad“, den ich allen Mamas ans Herz legen kann. Judith quatscht in jeder Folge 15 Minuten mit Imke, Mama-Coach, Erziehungsberaterin und Gründerin von „Mutterhelden“. Imke hat jede Menge Tipps im Gepäck, wie man als Mama und Papa den Alltagswahnsinn besser und gelassener überlebt.

„Wir hatten die Idee für den Podcast, sind total blauäugig gestartet und ich bin begeistert, was daraus entstanden ist. Wir sind inzwischen richtig erfolgreich“, erzählt Judith. Gerade die Reaktionen der Zuhörerinnen machen sie glücklich: „Viele Mamas sind so dankbar. Sie hören, dass andere Kinder genau wie ihre eigenen ticken, dass andere Mütter genauso ausrasten, verstehen, woran das liegen kann und welche Optionen es gibt, damit es in Zukunft besser läuft. Das hilft!“

Was würdest du deiner Freundin sagen?

Trotz der wöchentlichen Podcasts gibt Judith zu, dass auch bei ihr noch längst nicht alles rund läuft. Manchmal vergisst sie ihr Frühstück. Manchmal schreit sie ihre Kinder an.

„Aber ich versuche, nicht mehr so hart mit mir selbst ins Gericht zu gehen“, sagt sie. „Ich bin kein schlechter Mensch, wenn ich nicht alles perfekt mache. Ich schreie ja nicht grundlos rum, sondern war überfordert, müde und/oder hungrig. Der Mensch, den du am allermeisten liebst auf der Welt, kann dich eben auch am allerwütendsten machen. Darauf kann man sich vor der Geburt nicht vorbereiten. Etwa 18 Monate lang bist du komplett fremdbestimmt und auch danach kochen immer wieder die Emotionen hoch – das kann man nicht nachempfinden, wenn man selbst keine Kinder hat.“

Klar, auch Judith versucht, gelassen zu bleiben. Nicht zu schreien, entspannt die Kinder in ihren Emotionen zu begleiten, ohne sich selbst angegriffen zu fühlen. Klingt super, ist im Alltag aber eben nicht immer realistisch.

„Wenn mal wieder alles drunter und drüber geht, versuche ich zumindest, zu überlegen: Was würde ich einer Freundin sagen, die mir peinlich berührt erzählt, dass sie heute nur Fertigpizza gemacht hat, weil sie keine Lust mehr hatte, zu kochen? Genau, ich würde sie darin bestätigen und sagen: Richtig so, Füße hoch! Und je häufiger ich versuche, so auch mit mir selbst zu reden, desto besser klappt es.“

Meine Meinung dazu? Die Kinder lieben Fertigpizza und ihre Mama, die nicht perfekt, aber genau richtig ist. Judith, bleib wie du bist – denn mit deiner Ehrlichkeit machst du mir und anderen Mamis das Herz ein bisschen leichter.

 

Links:

Podcast: In 15 Minuten aus dem Mamsterrad (oder auf den gängigen Podcast-Plattformen suchen)

Blog: judetta.de

Kommentar schreiben

Kommentare: 0