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Leben als Mutter: Ich weiß zu viel!

 

Sind diese trockenen Hautstellen am Bein meines Babys normal?

Er knirscht so komisch mit den Zähnchen!

Mein Baby hat auch nach 10 Monaten noch nie durchgeschlafen!

Wie viele Milchmahlzeiten braucht ein Kind mit 8 Monaten?

Hilfe, mein Baby hat Zeitung gegessen!

Warte, ich google mal kurz...

Ein Hoch auf das Internet!

Ach, es ist doch einfach herrlich. Während unsere Eltern noch bei jeder Unsicherheit abwarten, in diversen Büchern nachlesen oder zum Arzt laufen mussten, können wir kurz online checken, was unser Kind braucht, ob es Grund zur Sorge gibt und wie wir uns richtig verhalten. In diversen Foren tauschen Eltern ihre Erfahrungen aus, manchmal gibt es in Foren auch Expertenrat – den Kinderarzt Dr. Busse und die Stillberaterin Biggi Welter kennen wahrscheinlich fast alle Baby-Eltern, Schwangere hören vor allem auf Dr. Costa, der Ernährungsfragen beantwortet. Na, grinst ihr auch gerade in euch rein? Erwischt?

Schlechtes Gewissen statt Antworten

Meine Erfahrung nach 9 Monaten mit Baby im Bauch und weiteren 9 Monaten mit Baby auf dem Arm – das ständige Nachlesen, Informieren und Sichergehen nervt. Unsicherheiten werden durch tausende Forenbeiträge nur größer. Ein Beispiel: Mein Sohn mag keine Pre-Milch. Ich würde aber gern abstillen. Also schaue ich nach, ob es andere Optionen zur Pre-Milch gibt bzw. in welchem Alter ein Abstillen ohne Pre möglich wäre. Nach kurzer Suche finde ich eine Mutter mit der gleichen Frage. Die Foren-Antworten: „Wieso willst du denn unbedingt abstillen? Dein Baby scheint doch dieses Bedürfnis noch zu haben. Wieso willst du ihm die Brust wegnehmen?“

„Ich hab damals auch früh abgestillt und es sehr bereut. Bei meinem 2. Kind habe ich dann 16 Monate lang gestillt! Sie werden so schnell groß, genieße jeden Moment!“

Und dann sagt Biggi auch noch, dass es irgendwann eine gewisse Still-Müdigkeit bei Müttern gebe, die jede Nacht gefordert sind. Aber dass Babys nach dem Abstillen auch nicht besser schlafen und ohne Stillen doch dann alles nur komplizierter werde.

Zack. Statt einer Antwort habe ich ein schlechtes Gewissen. Danke, Internet. Danke, Foren-Muttis.

Bauchgefühl adé

Mit dem ersten Kind ist man ständig unsicher. Alles wird zum ersten Mal erlebt. Jede neue Situation muss gemeistert werden – ohne Vorlage. Ohne Anleitung. Ohne Lehrer. Manchmal gibt es die Ratschläge der eigenen Eltern, doch die sind oft so anders als all das, was in den aktuellen Ratgebern steht. Alte Schule, neue Expertenmeinungen, wir schwimmen irgendwo zwischen tausend Tipps. Also lieber nochmal googeln. Man versucht doch nur, alles richtig zu machen. Und schon geht der Teufelskreis von vorne los. Das ständig und überall verfügbare Wissen ist ein zweischneidiges Schwert. Ich wünsche mir oft, manches einfach nicht nachlesen zu können. Unsere Eltern haben viel häufiger auf ihr Bauchgefühl vertraut, wir sind auch groß geworden. Dazu kommt: Jedes Kind ist anders, jede Mutter ist anders, jeder Vater ist anders. Jede Konstellation braucht ihre eigenen Lösungen. Wir müssen unser eigenes Drehbuch schreiben. Und „die richtige Lösung“ ist nicht allgemeingültig. Ein 2500 Gramm leichtes Baby hat andere Bedürfnisse als ein 4700 Gramm schweres Neugeborenes. Manche Kinder sind munter, manche ruhig. Manche schlafen gut, manche schlecht. Das ist eben so. Schnell wird durch zu viel Nachlesen und zu viel „Googelei“ aus einer ganz normalen Entwicklung eine Anomalie. Dabei hatte man eigentlich das Gefühl: Ach, wird schon nichts sein. (Bauchgefühl. Stimmt wahrscheinlich.) Aber ich schau lieber nochmal nach. (Noooo! TU ES NICHT!)

Wie geht es besser?

Ach, die digitale Welt. Sie ist unser bester Freund und unser größter Feind. Handy-Junkies schwärmen davon, wie entspannt es war, als sie im Urlaub mal drei Tage keinen Empfang hatten – davon erzählen sie in einem Instagram-Post und sind wieder ständig online. Ich verteufle das ständige Nachlesen, wenn Unsicherheiten aufkommen – werde es aber garantiert wieder tun. Wir haben so viele Informationen vor der Nase, dass wir natürlich davon profitieren wollen. Ich werde mich aber bemühen, nicht mehr alles zu lesen. Foren meide ich komplett. Und wenn ich das Gefühl habe, dass die Infos, die ich nachlese, ein schlechtes Gefühl verursachen, sage ich mir: Ich bin keine schlechte Mutter, wenn ich es anders mache – dieser Tipp ist einfach nicht das Richtige für uns. Gelassenheit lernen, auch das gehört zum Elternsein dazu. Ich arbeite daran.

Und an dieser Stelle noch einmal an alle Mamas und Papas: Ihr seid alle Heldinnen und Helden! Lasst uns zusammenhalten und uns Power geben, statt kritisch zu bewerten, wie andere mit ihren Kids umgehen. Peace, Love, und so!

 

P.S.: Wenn ich mal Oma werden sollte, höre ich mich schon sagen: „Also WIR haben es so gemacht...“ Mein Kind, solltest du diesen Text dann noch lesen können, hau ihn mir um die Ohren.

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