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Falsche Vorbilder bei Instagram

Kürzlich sah ich mal wieder ein klassischen Vorher-Nachher-Posting von einer fitnessbegeisterten Instagrammerin. Vorher: ein sehr hübsches, sympathisches, normales Mädchen, ohne Gewichtsprobleme, im knappen Bikini. Nachher: ein nach wie vor sehr hübsches Mädchen, sehr durchtrainiert, sehr definierte Muskeln, im knallengen, knappen Sportoutfit. Irgendwie wirkt sie unechter auch mich. Und mir fällt auf: Im ersten Bild lacht sie, steht am Strand, wird von einer anderen Person fotografiert. Im zweiten Bild ist sie allein vor dem Spiegel, macht ein Selfie und hält sie das Handy vor das Gesicht, sodass ich von ihrer Mimik nichts mehr sehe.

Gefährliche Message

Mal abgesehen davon, dass ich lächelnde Menschen mit sozialen Kontakten am Strand sympathischer finde als gesichtslose Körper in Spiegeln: Ich finde diese Vorher-Nachher-Bilder – nett ausgedrückt – eher schwierig. Denn es suggeriert, dass das schlanke, schöne Mädchen vorher nicht gut genug war. Dass das, was man dort sieht, das schlechte Vorbild ist. Dass niemand so aussehen will. Erst Muskeln führen laut dieser Bildaussage zu einer vermeintlichen Perfektion, der es nachzueifern gilt. Schlimmer noch: Oft werden die Nachher-Bilder mit mehr Glück und mehr Zufriedenheit gleichgesetzt, so auch in diesem Fall.

Ich finde es klasse, wenn Menschen, die ungesund dick oder ungesund dünn waren, einen Weg zum Normalgewicht finden. Seid stolz drauf und sprecht drüber. Doch wenn eine normalgewichtige, schöne, junge Frau extrem trainiert und sehr, sehr fit wird, ist das vielleicht ihr Lebensmodell – sie sollte sich aber nicht als gutes Vorbild für andere präsentieren. Und ausdefinierte Bauchmuskeln sind definitiv nicht dafür zuständig, ob ein Mensch glücklich ist.

Wenn junge Mädchen, die noch kein gefestigtes Körpergefühl und Selbstbewusstsein haben, ständig mit solchen Fotos konfrontiert werden, entwickelt sich ein völlig falsches Bild von dem, was eigentlich normal, gesund und schön ist – und woraus sie ihre Zufriedenheit ziehen können.

Was ist dein Ziel?

Anstatt irgendwelchen anonymen, fremden Idealen hinterherzuhecheln sollten wir immer mal wieder hinterfragen, wieso wir das eigentlich tun. Was bringt es denn, ein definiertes Sixpack zu haben? Macht dich das wirklich glücklicher? Oder macht dich die dafür nötige Diät eigentlich nur fertig? Was bringt es dir, 30 Klimmzüge zu schaffen? Reichen nicht auch 10? (Ich kann übrigens gar keinen, das wird sich wahrscheinlich auch nie ändern, trotzdem halte ich mich für nicht völlig unsportlich.) Wieso willst du unbedingt 5 Kilo abnehmen, wenn du fit, gesund und normalgewichtig bist?

Wenn du eine Antwort dafür hast, die dich glücklich macht und motiviert, dann tu es. Mach weiter, kämpfe für dein Ziel. Ich versuche beispielsweise zurzeit viel Yoga und Pilates zu trainieren, um Rückenschmerzen zu bekämpfen. Funktioniert. Macht mich schmerzfreier und damit glücklicher. Bilder gibt es davon übrigens keine. (Ich würde sowieso niemals Bikini- oder Unterwäsche-Bilder posten, das ist aber ein anderes Thema.)

Wenn du nur trainierst und hungerst, um Likes bei Instagram abzugreifen und deine Optik dem gängigen Ideal anzupassen, das du so in der digitalen Welt siehst, dann lass es. Lerne, dich zu akzeptieren und widme deine Zeit wichtigeren Dingen als Äußerlichkeiten. Lies ein Buch. Guck dir einen guten Film an. Meditiere. Geh spazieren und denke über dein Leben nach. Und sei stolz auf dich – den mentalen Fortschritt kann man vielleicht nicht fotografieren und posten, doch langfristig bringt er dich sehr viel weiter.

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